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Der lange Atem in der Meditation

Der Atem ist in der Meditation ein zentrales Element. Schritt für Schritt wird die Wahrnehmung seiner groben und feinen Qualitäten und Auswirkungen auf Geist und Körper beobachtet und so Achtsamkeit geschult. Der Atem eignet sich als Objekt der Konzentration besonders gut, weil er von allein geschieht und weil er immer da ist.

Die erste Qualität des Atmens, die im Anapanasati Sutta (eine der zentralen Lehrreden des Buddha zu Achtsamkeit mit dem Atem) genannt wird, ist das lange Ein- und Ausatmen. Damit allein kann man sich schon eine sehr lange Zeit intensiv beschäftigen. Im folgenden versuche mich an einer Reflexion darüber, was das Eigentliche am langen Atem ist und wie sich meine persönliche Wahrnehmung desselben im Laufe der Zeit verändert und verfeinert hat.
Das was ich beschreibe ist nicht zwangsläufig repräsentativ und muss nicht von jedem gleich wahrgenommen werden. Es könnte sich aber als hilfreich erweisen, zu illustrieren, wie fein und vielschichtig die (Körper-)Wahrnehmung in der Meditation sein kann.

Der lange Atem ist nicht zwangsläufig der tiefste und intensivste Atem, der dem Körper möglich ist.
Wenn ich in der Meditation sitze und achtsam meine Konzentration auf den Atem richte, spüre ich von Anfang an eine deutliche Enge/Kontraktion im Brustbereich.

Wenn ich vergleiche, wie natürlich mein Atem unbeobachtet fließt, zum Beispiel beim konzentrierten Lesen eines Buches, dann ist das sehr verschieden vom Atmen in der Meditation. Die Pause nach dem Ende des Ausatmens ist für mich ein Zeichen der entspannten, natürlichen Atmung. In meiner Meditation ist diese bisher selten vorhanden oder kaum wahrnehmbar.

Versuche ich diese Pause willentlich/kontrolliert in der Meditation entstehen zu lassen, resultiert das eher im Gegenteil. Eine Kontraktion, ein Reflex im Zwerchfell, ganz ähnlich dem Gefühl unter Wasser nach Luft schnappen zu wollen, stellt sich ein. Dadurch wirkt die Atmung gedrängt, komprimiert, eng.
Gleichzeitig nehme ich wahr, dass die Einatmung in den Brustkorb beim Meditieren tiefer ist, dafür jedoch mit einer gewissen muskulären Anstrengung verbunden. Die Ausdehnung des Brustkorbs erfordert Kraft.

Bei der Atmung in natürlicher Konzentration hingegen ist die Ausdehnung des Brustkorbs nicht so deutlich. Der Atem geht etwas flacher, aber nicht schwach.

Der Schlüssel liegt offenbar darin, den Fokus nicht auf die (bewusste) Intensivierung des Atems zu legen. Ganz im Gegenteil. Auch wenn dies offensichtlich sein sollte und in den Anleitungen nie anders beschrieben wird – aber rein begrifflich ist der lange Atem für mich eben gekennzeichnet durch Länge. So lang wie möglich. Sehr lang. Und das ist natürlich etwas, das nicht natürlich ist, weil sehr lang bedeutet länger als gewöhnlich.

Ein hilfreiches Verständnis von lang könnte zum Beispiel darin bestehen, die Länge der Pause zwischen Ein- und Ausatmen wahrzunehmen. Langer Atem = lange Pause = entspannter, fließender Atem. Kurzer Atem = keine/kaum Pause = kontrollierter, drängender Atem.

Gleichzeitig ist es natürlich unabdingbar, jegliche Versuche und gewohnheitsmäßige Absichten der Kontrolle rechtzeitig zu erkennen und möglichst bald zu unterlassen. Den Atem von selbst sanfter werden lassen. Weicher, fließender, natürlicher. Und von da aus beobachten, was passiert.

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